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Raphaël Dallaporta

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Domestic Slavery / Antipersonnel

>23.04.–05.06.2010
Installationsansicht, Raphaёl Dallaporta, »Domestic Slavery / Antipersonnel«, 2015, © FOTOHOF

Raphaёl Dallaportas fotografisches Werk widmet sich einer neuartigen Form der dokumentarischen Reportage, mit dem Fokus auf soziale Realitäten und humanitäre Missstände unserer Zeit. Im FOTOHOF sind die beiden Serien »Antipersonnel« und »Domestic Slavery« zu sehen.
Dallaporta versteht sich als Zeitzeuge, der mit seinen Fotoarbeiten die soziale Realität unserer Gesellschaft und deren Missstände sichtbar macht. Er studierte an der Pariser Film- und Medienschule »École des Gobelins«. 2002 erhielt er ein einjähriges Aufenthaltsstipendium im italienischen Medienlabor »Fabrica«, in Manera bei Venedig, gegründet vom italienischen Fotografen Oliviero Toscani. Die inhaltliche Zielsetzung dieser privaten Medienakademie – sich innovativ sozialen Themen in Zusammenhang mit ökonomischen und gesellschaftlichen Faktoren zu widmen – hat Dallaporta in der Entwicklung seiner persönlichen Arbeit mehr als deutlich geprägt.
In langen Recherchen tastet er sich an seine Themen heran und vor so gelang es ihm vor wenigen Jahren, insbesondere mit seiner Fotoserie »Antipersonnel« über Landminen und Streubomben Anerkennung zu erlangen. Durch ein persönliches Treffen und Gespräche mit Minenräumen die 1998 in Bosnien arbeiteten, begann er zu diesem brisanten gesellschaftlichen Thema zu recherchieren. Zwei Jahre lang benötigte er, um das französische Militär von seiner Arbeit zu überzeugen, ihn bei seinem Projekt zu unterstützen und ihm Zugang zu dieser außergewöhnlichen internationalen Kollektion von Landminen und Streubomben zu gewähren.

Raphaёl Dallaporta, »Antipersonnel, BLU-97, USA, Streumine«

Dallaporta fotografierte Minen und Streubomben wie stilisierte Schmuckstücke oder Parfumflacons in ihrer Originalgrösse – 1:1 – durch den beigefügten Bildtext erwecken diese optisch verführerischen Fotografien gleichermaßen Faszination und Abscheu zugleich.
»Die Arbeit mit den Minenräumern, hat mir gezeigt, dass die Minen nicht nur ein humanitäres Problem darstellen, sondern auch ein politisches, wirtschaftliches und ökologisches«, sagt Dallaporta. »Das Hauptproblem ist also der Gegenstand der Mine an sich, der viele Opfer fordert.«
Seine Fotos zeigen keine Emotionen, agieren nicht auf der Gefühlsebene, lassen dem Betrachter vielmehr die Freiheit und stoßen ihn an, selbst über das Abgebildete nachzudenken. Und sie erinnern uns in diesem Fall an dieses perfide börsengestützte Geschäftsmodell, das letzten Endes immer noch tausende von Menschen in aller Welt tötet oder schwer verletzt.
In »Domestic slavery« befasst sich Dallaporta mit Formen moderner Sklaverei in Frankreich – meist Schicksale von afrikanischen Migranten, die von französischen Familien unter menschenunwürdigen Umständen jahrelang wie Leibeigene gehalten wurden. Dallaporta zeigt uns professionelle, kühle Architekturaufnahmen, die mehr oder wenige ästhetische Außenfassaden dieser Orte zeigen. Erst durch den Begleittext erfahren wir die Fakten seiner in Kooperation mit dem Journalisten Ondine Millot entstandenen, peniblen Recherche zu den jeweiligen Opfern und erfahren, was sich mit Elsa, Legba, Aina, Diane, Diouma, Bernadette, Henriette hinter diesen kühlen Fassaden zugetragen hat.
Wieder wandelt sich das stille, ruhige und scheinbar harmlose Bild in ein verstörendes Szenario des grausamen Umgangs mit der Menschenwürde und lässt uns mehr als nachdenklich zurück. Dallaporta verwendet die Kamera nicht um ein Ereignis festzuhalten, sein Terrain ist die Folgezeit; damit begibt er sich auf eine Reflexionsebene. »Ich verhalte mich wie ein Fernsehreporter, der zum Ort eines tragischen Ereignisses fahren und »Human interest« Geschichten produzieren – sie sind am Ort, aber es ist nichts zu sehen!«