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Paul Albert Leitner

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New York – Senegal 2000

>02.02.–10.03.2001

Die Reise als Vorstellung wie als reale Bewegung durch die Welt ist ein zentraler Ausgangspunkt im Werk Paul Albert Leitners. Der Fotograf als immer aufmerksamer bildersammelnder Flaneur verdichtet die Bildfundstücke des Alltags zu existenzieller, immer auch autobiographischer Poesie. Intermediale Verschränkungen wie Montage, Installationen, Videodarstellungen, Einbeziehung von Fundstücken, etc. sowie die Verbindung von Fotografie mit eigenen Texten kennzeichnen Leitners Präsentationen. In der aktuellen Ausstellung wird eine Ton-Dia Collage (»New York«, 2000) und eine Fotografie – Ton & Videomontage (»Senegal«, 2000) mit je 80 Bildern und einer Tonspur zu sehen sein.

Paul Albert Leitner, aus der Serie: »New York – Senegal«, 2000, Ton-Dia Collage / Fotografie – Ton & Videomontage

Artist Statement

Der langgehegte Wunsch, neben der Fotografie auch akustische Erinnerungsfragmente auf Reisen einzusammeln, ging mit dem Besitz eines einfachen Diktaphongerätes in Erfüllung. Ähnlich wie die Fotografie visuelle Bilder und Stimmungen, Dokumente und Atmosphären einfängt, passiert dies auch mittels Tonaufnahmegerät. Die selbsterlebten, selbstgehörten Tondokumente und ihre Authentizität bewerte ich höher als perfekte technische Tonqualität. Der Einsatz des Diktaphongerätes auf Reisen wurde bald zu meinem subjektiven Erinnerungsdokument. Aber die Fotografie bleibt erstrangiges Medium. Akustisches Material sammelte sich mittlerweile über zehn Orte an. Viele Schauplätze weisen exotische Alltagsklangräume auf (Havanna, Tunis, Dakar) oder aber südeuropäische Lautstärken (Rom, Palermo, Madrid, Belgrad). Die Geräuschkulissen der Fremde (Sprache, Musik, Lärm etc.) dringen in die Ohren des Nordeuropäer so wie sich die oftmals überschlagenden visuelles Bilderfluten auf die Netzhaut bannen. Auch das Motiv des Spurensicherers wird gestreift. Der Datierung der Aufnahmen (Ton sowie Fotografie) wird ein großes Augenmerk gelegt. Die Sensibilisierung von Umweltklängen hat eine intensive Hellhörigkeit zur Folge: Der aufgedrehte Wasserhahn eines Hotelzimmers, das Geräusch einer Espressomaschine, die Hintergrundmusik in einer Toilettenanlage, das Geräusch eines vorbeifahrenden Zuges, der Lärm beim Überqueren einer stark befahrenen Großstadtkreuzung, die zwitschernden Singvögel in einer Parkanlage etc. Zwangsläufig unwillkürliche Sinneserfahrungen (Assoziationsketten) rufen Augenblicke der Vergangenheit in Erinnerung, in denen die gleiche Erfahrung schon einmal stattgefunden hat.

Bei Marcel Proust begegnet man mehrfach solchen unwillkürlichen Assoziationen, allerdings besonders intensiv durch Geschmack, Geruch und Tastsinn. Das Gehör kommt bei Proust untergeordnet vor, und das Sehen als Sinn scheint zu stark an begriffliche Kategorien gebunden zu sein, um überhaupt unwillkürliche Assoziationen auslösen zu können. Dennoch werden beim Erzähler zwei unwillkürliche Erinnerungen durch das Gehör ausgelöst: eine durch den Klang eines an einen Teller schlagenden Löffels, die andere durch eine pfeifende Wasserleitung. (Ulrike Sprenger, Proust-ABC) Ausgehend von der Erwähnung dieser zwei Beispiele bei Marcel Proust, wo das Gehör unwillkürliche Erinnerungen auslöste, fällt es mir viel leichter, mich auf der Stelle an hunderte verschiedene unwillkürliche Erinnerungen auslösende Klänge und Geräusche zu besinnen. Wie Marcel Proust zeigte, dass wir hier keinen konventionellen Erzähler vor uns haben, der uns seine Lebensgeschichte schön geordnet von Anfang bis zum Ende erzählen wird, sondern einen Erzähler, der sich assoziativ durch Raum und Zeit bewegt (Ulrike Sprenger, Proust-ABC), versuche ich visuelle und akustisch an diese künstlerische Haltung anzuknüpfen. Es war für eine Ausstellung im Magazin 4 in Bregenz dieses Jahres, wo ich von Kurator Gerald Matt animiert wurde, erstmals Tonaufnahmen in geschnittener Form, auf CD gepresst mit dazugehörenden Dias zu zeigen. Die Tonaufnahmen und Fotografien wurden von einem New York-Aufenthalt im Februar 2000 verwendet. Die in einem Rundmagazin sich befindenden 80 ausgewählten Motive haben eine andere Geschwindigkeit wie die cirka 50 minütige Dauer der CD Aufnahme. So ergeben sich durch die Asynchronität jeweils neue, interessante Überschneidungen und Assoziationen von Bild und Ton. Stimmengewirr aus der New Yorker Subway, ein »The Girl from Ipanema« spielender Straßenmusiker, ein im Verkehrsstau fluchender Taxifahrer, die Geräuschkulissen des Großstadtdschungels, sich vermischend mit den Bildern über New York sowie durch Sprache in Form eigener Kommentare. Anlässlich der im Februar 2001 stattfindenden Ausstellung im FOTOHOF wurde ich nun eingeladen, eine weitere Bild – Ton Collage – diesmal auf Videobasis – herzustellen. Dafür wählte ich 187 Bilder aus, die zuletzt während eines Aufenthaltes in Senegal, Westafrika im Frühjahr 2000 entstanden sind. Diese Bild- und Tonaufnahmen entstanden vorwiegend in Dakar und Saint-Louis. Dauer des Videos: 40 Minuten (Paul Albert Leitner, im Dezember 2000)

Zu einer Ton – Dia Collage (»New York«, 2000) und einer weiteren Bild – Ton Collage auf Video (»Senegal«, 2000)