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Marco Poloni

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Persian Gulf Incubator

>18.04.–17.05.2008
Installationsansicht, Marco Poloni, »Persian Gulf Incubator«, 2008, © FOTOHOF

Marco Poloni gilt spätestens seit seiner Teilnahme 2005 an der 51. Biennale in Venedig im Schweizer Pavillon als ein wichtiger Vertreter des eidgenössischen Kunstschaffens. In seiner ersten Personale in Österreich zeigt der FOTOHOF drei neue Arbeiten des Künstlers, der in Berlin und Chicago lebt und arbeitet. In seinem Werk beschäftigt sich der Künstler mit den tief im kollektiven Gedächtnis verankerten Bildmustern der Massenmedien Fotografie und Film sowie deren Bezug zwischen Realität und ihrer durch die Kamera vermittelten Abbildung. Dabei bedient er sich den Mitteln der Fotografie (so in Freiburg und Venedig) sowie der medialen Installation. Seine seriellen Bildentwürfe, die oftmals ihren Ursprung im aktuellen Zeitgeschehen haben, ziehen den Betrachter in eine Welt, in der sich die Grenzen zwischen Dokument und Fiktion vermischen.

Persian Gulf Incubator

Oft sind es Themen der Zeitgeschichte, die sich in assoziativen Bildkombinationen zu großen, poetischen Bildern entwickeln. Ausgangspunkt kann, wie im konkreten Ausstellungsbeitrag »Persian Gulf Incubator«, eine gefundene Amateurfotografie aus dem Jahre 1970 sein, die eine winkende Frau in einer Gruppe von Passagieren vor einem italienischen Luxuskreuzfahrtschiff, der »Raffaello«, im Hafen von New York zeigt. Dieses vorgefundene Foto liefert den Hintergrund für eine (auch autobiografisch motivierte) Recherche – als Kind ist Poloni selbst mit diesem Schiff von New York nach Neapel gereist -, die sich als große mediale Wandinstallation unaufhaltsam zu einem dramatischen Szenario generiert, bis hin zum zentralen Schauplatz der verdeckten Erkundungsreise des Künstlers, dem iranischen Reaktorgelände Bushehr, welches als primäres Angriffsziel der Vereinigten Staaten gilt.

Marco Poloni, aus der Serie: »Persian Gulf Incubator«, 2008, Archival Pigment Prints

The Sea Rejected Me

Auch in seiner zweiten Arbeit für den FOTOHOF, »The Sea Rejected Me«, geht es dem Künstler um die (Re-)Konstruktion einer (Lebens-)Geschichte im Kontext des nuklearen Wettrüstens. Der 1938 auf hoher See spurlos verschwundene, berühmte italienische Atomphysiker Ettore Majorana steht im Zentrum einer Filminstallation, die sich auf den Fund eines SW-Films in einem iranischen Filmladen bezieht. Dieses Dokument zeigt einen Mann, welcher eine gewisse Ähnlichkeit mit Majorana aufweist. Daraus ergibt sich ein weiterer Anlass für Spekulationen über sein bis heute nicht geklärtes Verschwinden. Auch hier unternimmt der Künstler den Versuch, durch intensive Recherche Bezüge zu Lebensentwürfen herzustellen, die in ihrer medialen Umsetzung eine hochkomplexe, ästhetische Bildsprache erfahren.

The Sea of Majorana

Der dritte Beitrag für die Ausstellung, »The Sea of Majorana«, stellt eine sozusagen radioaktive Meeresfilmsequenz vor Einbruch der Dunkelheit dar. Die zugrunde liegende Radioaktivität durchdringt das Filmmaterial. Dazu hört man aus dem Off eine Stimme, die einen wissenschaftlichen Essay von Majorana vorliest. Der Film ist in einer nicht weiter festgelegten Zukunft nach einer atomaren Explosion verankert. Es ist eine bedrohliche Meditation über das nukleare Zeitalter. Diese mit dem Museum für Photographie in Braunschweig gemeinsam konzipierte Ausstellung findet dort im Mai ihre Erweiterung, wobei der Künstler eine weitere Arbeit zeigen wird, die auch in Buchform vorliegt. In »Displacement Island« führt uns Poloni auf die sizilianische Insel Lampedusa, die einerseits als touristisches Paradies gilt, gleichzeitig aber unsere reiche Gesellschaft mit den Ärmsten der Welt, gestrandeten Migranten aus Afrika, konfrontiert.

Mit freundlicher Unterstützung von Pro Helvetia, Galerie im Taxispalais