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Kurt Kaindl

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Reisen im Niemandsland

>19.07.–24.08.2014
Installationsansicht, Kurt Kaindl, © FOTOHOF

1989 fiel der Eiserne Vorhang. Heute, 25 Jahre später, hat die nachfolgende Generation kaum mehr eine Vorstellung von der Bedeutung dieser Grenze und vor allem vom großen Einfluss ihres Verschwindens auf die europäische Entwicklung.
Kurt Kaindls Fotoreportage folgt geografisch der innereuropäischen Grenzlinie von Lübeck bis Triest. Er hat dieses Projekt auf Anregung des »Bundesministerium für europäische und internationale Angelegenheiten« (BMEIA) 2008 begonnen und bis in die Gegenwart fortgesetzt. Von »beiden Seiten« – aus dem Osten und dem Westen – nähert er sich der (ehemaligen) Grenze und stellt die besondere Atmosphäre fotografisch dar: Die durch das ausgedehnte Niemandsland entstandene Landschaft, die verbliebenen, aber auch zerstörten Siedlungen und vor allem die Menschen, die immer noch oder jetzt erst wieder an dieser Grenze leben.

Installationsansicht, Kurt Kaindl, © FOTOHOF

Die großformatigen klassischen Schwarzweiss-Fotografien werden durch ausführliche Bildtexte ergänzt, die Hinweise auf die Lebensgeschichten geben und so die Verbindung der Gegenwart mit der Vergangenheit erläutern. Es gibt Fotos von verwitterten Holzskulpturen auf dem Weg zur berühmten Brücke von Andau an der ungarischen Grenze, die uns in ihrem heute fast zerstörten Zustand eine Ahnung der dramatischen Ereignisse vor 25 Jahren geben. Mut macht das Bild eines Fährmanns, der eine Radfähre über die Mur steuert, die von den beiden anliegenden Gemeinden in Österreich und Slowenien gemeinsam bezahlt wird. Der 1986 durch seine tollkühne Flucht berühmt gewordene Robert Ospald präsentiert auf einem anderen Bild in einem Wiener Caféhaus die selbst gebaute Seilgondel, mit der er über die Starkstromleitungen aus der ehemaligen CSSR nach Österreich geflohen ist. Beim Schriftsteller Martin Leidenfrost ist aus dem Experiment des »Lebens in einer Plattenbausiedlung« in der Nähe von Bratislava im Auftrag einer Zeitung ein dauerhafter Aufenthalt geworden. Der Alt-Bauer steht heute vor einem Grenzstein des Eisernen Vorhangs, der seinerzeit mitten durch sein Gehöft verlief.
Die Fotografien von Kurt Kaindl sind Bilder der Gegenwart, die durch Ihre Auswahl und Gestaltung auch eine Interpretation der Geschichte sind und in denen immer wieder eine mögliche Zukunft sichtbar wird. Sie verbinden die dokumentarische Kraft der Pressefotografie  mit dem poetischen Zugang des Künstlers.