Tamara Grcic
Tamara Grcic
»Es sind«, hat Tamara Grcic einmal in einem Gespräch gesagt, »Zwischenzustände, die mich interessieren, Punkte, von wo aus man Veränderungen spüren oder sehen kann. Wenn ich diese Momente aufspüre, festhalte und in den Ausstellungsraum transportiere bewegt sich etwas von dort aus.«
Die mit einer Installation an der diesjährigen 53. Biennale di Venezia teilnehmende Künstlerin Tamara Grcic, zeigt in der Ausstellung im FOTOHOF ausschließlich »Lichtbilder«. Zu sehen sind das Video »una serenata«, 2008, die Einzelbildprojektion »Himmel«, 2009 die sich mittels eines rotierenden Spiegels über die Wand bewegt und die zweifache Diaprojektion »nebeneinander«, 2009. Die beiden letzten Arbeiten sind für die Ausstellung im FOTOHOF entstanden.
Alle drei Arbeiten sind so konzipiert, dass sie untereinander Beziehungen entwickeln, und sich im Raum ein spezifisches Zusammenspiel ergibt.
una serenata
In dem Video »una serenata« sind verschiedene Szenen miteinander kombiniert. Zu sehen ist ein junger Sänger, der in einem Innenraum vor geöffnetem Fenster seine Stimme übt, gleichsam »hinaussingt«. Außen, vor dem Fenster, steht ein großer Baum, der sich im Wind bewegt. Danach ist eine bewegte Wasseroberfläche zu sehen, in der weit geöffnete Fischmünder auftauchen, die Luft holen. Die lautlosen Bewegungen der Münder hinterlassen Kreise auf der Wasseroberfläche. Inmitten der Fische taucht aus dem reflektierenden Licht der Kopf eines jungen Mädchens auf, dass sich neugierig umschaut, den Kopf dreht und sich abwendet, genauso wie vorher die Fische immer wieder unter der Wasseroberfläche verschwunden sind. Später sehen wir eine alte, sizilianische Sängerin, die eine Serenade singt. Es ist ein altes karolingisches Lied, das von einem jungen Prinz erzählt, der seine Angebetete bittet sich auf dem Balkon zu zeigen und ihn eintreten zu lassen. Wie im Lied, geht es auch im gesamten Film, um die Sehnsucht nach Kontaktaufnahme, mit der Stimme aus dem eigenen Inneren herauszutreten, um sich einem Außen zu zeigen und dieses zu berühren. Im Wechselspiel dazu steht der scheue Rückzug, symbolisiert durch die Fische, die unter der Wasseroberfläche blitzschnell abtauchen.
Himmel
In der Arbeit »Himmel«, 2009 bewegen sich 80 projizierte Einzelbilder von Wolkenhimmeln über die Galeriewand. Die eingescannten Einzelbilder werden von einem Beamer gegen einen sich drehenden Spiegelwürfel projiziert, der die Bilder über die Länge der Wand transportiert. Es sind wolkenverhangene, zerklüftete, bewegte Himmel hinter denen die Sonne verborgen bleibt. Die vorbeiziehenden Himmel verbinden räumlich die Arbeit una serenata und nebeneinander.
Nebeneinander
»Nebeneinander« besteht aus zwei parallelen Diaprojektionen mit jeweils 16 Motiven in Endlosschleife. In beiden Projektionen sieht man alte und junge Männerhände, in einer künstlichen Innenraumsituation bei Kunstlicht mit schwarzem Hintergrund fotografiert. In der linken Projektion sind die Hände mit roten Spielkarten beschäftigt. Zu sehen sind ausschließlich die roten Rückseiten der Karten. In der rechten Projektion sind die Hände mit Schnüren beschäftigt.Tamara Grcic hat für diese Arbeit einen alten und einen jungen Zauberer fotografiert, die beide die gleichen Tricks mit Karten und Schnüren vorführen. In der Auswahl und Aufeinanderfolge der Bilder geht es aber nicht um die Darstellung des jeweiligen Tricks. Die im Standbild festgehaltenen, sehr dezidierten und geübten Handbewegungen sind im Diakarussel so nach einander gesetzt, dass ein ganz rätselhafter, in sich geschlossener Handlungsablauf entsteht. Durch die parallele Projektion der zwei verschiedenen Händepaare entsteht ein Zueinander oder Miteinander, das aber gleichzeitig leer läuft, weil es nicht wirklich eine gemeinsame, erkennbare Handlung ergibt und zu keinem sichtbaren Ergebnis führt.
In dem Zusammenspiel der drei Arbeiten geht es um das Wechselspiel von Zeigen und Verbergen, konkreten Äußerungen und rätselhaften Handlungen.