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Wilhelm Schürmann

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Wegweiser zum Glück. Bilder einer Straße, Dortmund 1979–1981 Zu Hause – hier Herzogenrath – Berlin 2007–2013

>27.03.–18.05.2013
Installationsansicht, Wilhelm Schürmann, »Wegweiser zum Glück«, 2013, © FOTOHOF

Im Mittelpunkt der Ausstellung des deutschen Fotografen Wilhelm Schürmann steht eine Auswahl von 40 SW-Fotografien der heute als legendär geltenden Serie »seiner« Straße in Dortmund. Sie ist Teil der Präsentation »Wegweiser zum Glück. Bilder einer Straße 1979–1981«, die von März bis August 2012 in der Photographischen Sammlung/SK Stiftung Kultur in Köln zu sehen war.
Für die aktuelle Ausstellung in Salzburg zeigt Wilhelm Schürmann zwei weitere Serien, welche einen Einblick in seine lebenslange fotografische Beschäftigung mit dem Thema »Nachbarschaften« geben.
Herzogenrath und neuerdings Berlin sind die Wohnorte des Künstlers und zugleich Ausgangspunkte seiner Expeditionen in vertraute Territorien des deutschen Alltags. Diese nunmehr digital aufgenommenen Bilder ergänzen die klassischen Wandbilder durch rasch abfolgende Bildprojektionen am Monitor und verdeutlichen Schürmanns Methode des seriellen Arbeitens. Unverändert präzise richtet sich der Blick des Fotografen auf die oftmals auch humorvollen Konstellationen im urbanen Raum.

Wilhelm Schürmann, »Mutter und Tochter«, 1979 – 1981, Courtesy Die Photographische Sammlung/SK Stiftung Kultur, Köln

Der Fotograf Wilhelm Schürmann (*1946), der heute als Sammler und Kurator für zeitgenössische Kunst international anerkannt ist, verbrachte seine Kindheit und Jugend in der Steinhammerstraße in Dortmund, einem für die Region typischen Stadtviertel. Nachdem Schürmann 1966 sein Elternhaus verlassen hatte, kehrte er, schon in Herzogenrath bei Aachen ansässig, zwischen 1979 und 1981 viele Male an den ihm vertrauten Ort zurück. In aller Sachlichkeit, aber auch voller Begeisterung nähert er sich dem angetroffenen und über die Zeit kaum veränderten Alltag seiner Kindheit und Jugend. Über 2.000 Schwarzweißnegative entstehen: Die Motive zeigen verschiedene Ansichten der Straße, Fassaden typischer Wohnhäuser, Nachbarschaften, Geschäfte aller Art, ob Reinigung oder Frisör – von innen und außen, Wohnungen, Mobiliar, Einrichtungsdetails wie dekorative Stillleben; zudem Portraits der von ihm angetroffenen Bewohner und im weiteren Radius, Gärten, Beete und Hinterhöfe, Bahnhofsgelände und angrenzendes Brachland. Dortmund ist noch heute die größte Stadt im Ruhrgebiet. Sie war einst ein Zentrum der Montanindustrie, bis der Ende der 1950er-Jahre einsetzende Strukturwandel diesen Wirtschaftszweig fast zum Erliegen brachte. Damit setzte eine Entwicklung mit nachhaltigen Folgen für die dort beheimateten Menschen ein, deren Gemeinschaft und Identität eng mit der Bergbauindustrie verbunden war. Mit dieser Bildreihe schildert uns Schürmann so nicht nur sein frühes persönliches Lebensumfeld, sondern liefert vor allem bemerkenswerte Bilder aus einer Zeit, als in Deutschland weitaus deutlicher noch die Folgen der Nachkriegszeit wirkten und die Illusionen des Wirtschaftswunders von einer Phase der Ernüchterung überlagert wurden.

Wilhelm Schürmann, »Bushaltestelle (Frau Höppe und Tochter)«, 1979 – 1981, SW-Baryt, Silbergelatineabzug 28 x 21,3 cm, Courtesy Die Photographische Sammlung / SK Stiftung Kultur, Köln

Durch Wilhelm Schürmanns Blick bestätigt sich die Fotografie als hochwirksames Mittel zur Analyse von Wirklichkeit ebenso wie zur anschaulichen Erzählung über persönliche und kollektive Ansichten und Erinnerungen. In aller Konzentration, mit Humor und Selbstironie zeigt der Fotograf reale Lebensverhältnisse wie auch ein unvergessenes Lebensgefühl. Der aus einer Hosentasche hervorschauende »Wegweiser zum Glück«, eine Broschüre einer Lotto-Toto Annahmestelle ist nur eines der vielen fabelhaft beobachteten Momente.
Die Ausstellung im FOTOHOF versteht sich auch als eine Verneigung vor einem Fotografen, den mit Salzburg eine gemeinsame Geschichte verbindet. So war Schürmann bereits in den späten siebziger Jahren durch seine Workshops und Ausstellungen am Salzburg College und seine Lehrtätigkeit an der Sommerakademie Anfang 1980 mit Salzburg auf das Engste verbunden.Nach nunmehr 30 Jahren knüpft der Künstler mit dieser repräsentativen Werkschau als wichtiger Anreger der damals auch in Salzburg beginnenden Autorenfotografie an.

Begleitend ist im Hatje Cantz Verlag das umfangreiche Katalogbuch »Wilhelm Schürmann. Wegweiser zum Glück. Bilder einer Straße 1979–1981« mit einem Text von Gabriele Conrath-Scholl erschienen, ausgezeichnet in Silber mit dem Deutschen Photobuchpreis 2013.