Anaïs Horn
Talk to Me
€ 7,00
Das Zine »Talk to Me«, erschien anlässlich der Ausstellung »Talk to Me« von Anaïs Horn im FOTOHOF, und verwebt Arbeiten des multidisziplinären Projekts mit Auszügen aus Hervé Guiberts »L’Image fantôme«, Material aus der umfassenden Recherche, archivarischen Fragmenten, gefundenen Materialien und einem Essay von Kuratorin und Autorin Wendy Vogel (NYC).
»It is necessary to speak of the ghost, indeed to the ghost and with it (…)«
(Jacques Derrida, Specters of Marx: The State of the Debt, the Work of Mourning, and the New International (New York and London: Routledge, 1994, 2006), p. xviii.)
»Talk to Me«, 2024–2025
Horns neuestes Projekt erweitert ihre laufende Untersuchung der gespenstischen Präsenz von Objekten und Räumen und bezieht sich dabei direkt auf Hervé Guiberts »L’Image fantôme« (1981). In diesem grundlegenden Text untersucht Guibert die schwer fassbare Natur der Fotografie – ihre Fähigkeit, zu bewahren und zu betrügen, zu beleben und zu vernichten – eine Untersuchung, die in Einklang mit Horns Auseinandersetzung mit Intimität, Abwesenheit, Erinnerung und dem Unsichtbaren steht: »Ich fühle mich völlig leer, jetzt, da ich dir diese Geschichte erzählt habe. Es ist mein Geheimnis. Verstehst du?«
Geheimnisse, so schreibt Guibert, müssen zirkulieren. In »Talk to Me« inszeniert Horn diesen ständigen Austausch durch vielschichtige Interventionen. Unter Verwendung persönlicher, archivarischer und gefundener Materialien macht sie die Installation zu einem Ort der Spannung zwischen Offenbarung und Verbergen: überdimensionale, versilberte Cimaruta-Amulette, die historisch zum Schutz vor dem bösen Blick getragen wurden, bilden eine Konstellation an der Wand; großformatige Schwarz-Weiß-Fotos von Innenräumen der Häuser von Familie und Freunden, die Horns Großvater in den 1960er Jahren aufgenommen hat, erscheinen als Spiegel, in die Horn selbst als gespenstische Figur eingreift, die den fotografischen Raum betritt, erscheint, sich auflöst und mit vergessenen Orten verschmilzt. Archivstillleben, die den Schmuck ihrer Großmutter in Szene setzen, fungieren als Palimpseste der persönlichen und fotografischen Abstammung. Ein rekonstruierter Tatort – der an den Einbruch erinnert, bei dem der geerbte Schmuck ihrer Großmütter gestohlen wurde – verwandelt sich in einen Klangkörper, der mittels Körperschallwandler elektromagnetische Aufnahmen aus dem Haus ihrer Kindheit übertragen. Diese Aufnahmen verweisen auf das parapsychologische Phänomen der EVP (electronic voice phenomenon), überlagert von einer tickenden Uhr und dem einsamen Klang eines alten, leeren Schmuckkästchens. Zusammen werden sie zu einer akustischen Evokation von Abwesenheit und Anwesenheit: »Fotografie ist auch ein Akt der Liebe«. Wie bei Guibert ist auch Horns Arbeit ein Akt der Hingabe an das Verschwundene, das Abwesende. Spiegel durchziehen den Raum und verstärken die Grundannahme ihrer Arbeit, die Auseinandersetzung mit Erinnerung, Behütetsein, aber auch Aberglauben und der Instabilität von Bildern. Durch performative, klangliche und materielle Gesten konstruiert sie einen Grenzraum zwischen Vergangenheit und Gegenwart, dem Sichtbaren und dem Unsichtbaren, in dem die Erinnerung flackert und in dem sich Geheimnisse wie Bilder einer endgültigen Entschlüsselung widersetzen – immer im Kreislauf, immer im Transit.
Anaïs Horn, * in Graz; lebt und arbeitet in Paris und Lunigiana, Italien.
Sprache: Englisch
€ 7,00