Wolfgang Vollmer
Projekte 2010–2020
Meisterwerke der Fotografischen Kunst
Die Sammlung Vollmer stellt eine museale Kollektion bekannter Fotografien vor. Die vermeintlich bekannten originalen Meisterwerke verwirren bei genauerer Betrachtung und zeigen eine Mischung aus ironischem Zitat und liebevoller Hommage. Die Frage nach dem Original, der Einordnung in den Kunstmarkt und der Wertschätzung von Fotografie wird neu verhandelt.
»Doch das ganze Unternehmen würde sich, nachdem die verblüffende Wirkung vorbei ist, in einem mehr oder minder vordergründigen Witz erschöpfen, wenn die Fotokünstler nicht Originalfotografien nach Originalfotografien hergestellt, also eine fadenscheinige Behauptung – keine Legitimierung! – durch bloße Verdopplung ad absurdum geführt hätten. Sie haben der ›zweiten‹ Wirklichkeit der Fotografie, die sich auf die ›erste‹ Wirklichkeit der empirischen Erfahrung bezieht, eine ›dritte‹ Realität hinzugestellt, die sowohl durch die ‚erste‘ als auch durch die ›zweite‹ konditioniert ist. Damit gelangt jene Einsicht zu ihrem Recht, wonach kraft unserer Erkenntnisstandes eine ganzheitliche Sicht der Wirklichkeit nicht möglich ist, nicht einmal eine der Bilder, die Teile von ihr reproduziert haben. Jedes Bild der Realität ist ein fragmentarisches Bild, ein Bild das seine Bestimmung als ‚Entwurf‘ der Wirklichkeit grundsätzlich nicht zu verleugnen vermag. Denn der moderne Mensch hat ein fragmentarische, keine ganzheitlich Anschauungsweise.« (Virilio, © Kunstforum, Bd.84, 1986; Dokumentation Inszenierte Fotografie Teil II (Hrsg. Von Klaus Honnef), S.128.)
überlebt.
Fotografie ist hier die Befragung der eigenen Vorbilder, der ungewollten und gewollten Begleiter. Welche Rolle, welche Bedeutung haben die Personen, die in irgendeiner Form das eigen Leben begleitet, bestimmt und beeinflusst haben. Die persönliche Darstellung gibt dem Fotografen Raum für eine Aufarbeitung und Relativierung. »Der Last des grenzenüberschreitenden Neuen, des vielleicht perfekten Konzepts, dem Endpunkt aller Kunst gar, muss sich heute kein Werk mehr unmittelbar stellen und doch hallt diese Forderung nach, während die einst unerhört wirkenden Verweise in der frühen Postmoderne heute eher wie Werkzeuge erscheinen, derer man sich bedient. Doch weit lauter spricht noch das große Ich der Moderne aus der Kunst. Selten sah ich es so dezidert zugleich witzig und melancholisch repräsentiert wie in Wolfgang Vollmers Ausstellung ›überlebt.‹ [ … ] Es ist ein Reigen des Todes, oder nein, eigentlich des überlebt habens, [ … ] Was im ersten Moment als garstig erscheint, erweist sich in den meisten Fällen als das Gegenteil.
Die Auswahl lässt darauf schließen, dass Vollmer einen großen Teil der Dargestellten würdigt, bewundert vielleicht. Er relativiert nicht sie, sondern sich, der zwar optisch mitunter frappierend ihre Pose einnehmen kann, aber trotz einer eigenen, erstaunlichen Vita als (meist) fotografierender Künstler, Sammler und Kenner der Fotografiegeschichte, bleibt seine Pose Tribut und Anmaßung zugleich. Er misst sich, wo er um seinen eigenen Platz weiß und manch trauriger, ernster Blick aus den Bildern hängt einem nach. Das große Ich wird zu einem kleinen. Aber nicht nur dies, sondern es gewinnt Gestalt, statt sich nur im White Cube selbst zu behaupten und dies heutzutage doch nie so eindeutig zu dürfen, wie etwa ein Popstar, berichtet Vollmer auch von den Ichs, die in ihm sind, ihn auf diese oder jene Weise beschäftigen, vielleicht prägten. [ … ]« (Oliver Tepel, www.koelngalerien.de, 2017)